Teil 1, 5. Mai 2013
Hej Østrig – wenn euch das Ø für Schwedisch seltsam vorkommt, habt ihr recht. Das liegt aber daran, dass – nachdem wir am Montag am Nachbartisch von Eric Saade zu Abend gespeist hatten – ich die gestrigen Proben geschwänzt habe und über die Öresundbrücke nach Kopenhagen gefahren bin. Ich habe mal getestet, ob mir die Stadt nächstes Jahr als Gastgeberstadt genehm wäre.
Um es vorwegzunehmen, die Stadt hat den Test bestanden, auch wenn die Bierpreise ähnlich hoch wie hier in Schweden sind. Aber das haben wir in Helsinki und Oslo ja auch überstanden. Erstmal war ich ja wieder von der Bahnhofshalle erstaunt, die wie eine Wikingerhalle mit Kronleuchtern wirkt. Und wenn man aus dem Bahnhof rauskommt steht man praktisch gegenüber dem Tivoli-Freizeitpark mit dem Tivolis Koncertsal. Dort drinnen ersang Udo Jürgens ja 1964 einen hervorragenden 6. Platz und begann seinen eurovisionären Siegeszug. Wegen einer hohen Mauer sieht man den Saal aber leider nicht. Die Stadt selber ist sehr lebendig und von Wasserwegen durchzogen. Auf dem Weg zur Kleinen Meerjungfrau bin ich bei der Palastwachablöse vorbeigekommen und zum Parken Stadion habe ich es auch geschafft. Damals 2001 war Österreich aber leider nicht für den Song Contest qualifiziert.
Heute Mittwoch sitze ich aber wieder in dem improvisierten Pressezentrum im Slagthuset und beobachte das Geschehen. San Marino hat für Begeisterung gesorgt, während Mazedonien für geteilte Meinungen. Der männliche Gesangspart wird nun auf Englisch gesungen, ihre Stimme wird, anders als im Preview Video, nicht mehr elektronisch verzerrt und der Chor ist nicht mehr so präsent. Die finnische Probe habe ich versäumt, das Outfit sorgte aber für Diskussionen. Bulgarien versucht das Erfolgskonzept aus Helsinki. Also viel Getrommel, viele Vokale und dafür wenig Text und wenig Melodie. Mit Water kann Samo Shampioni qualitative aber nicht mithalten. Bei Malta ging der Pepp aus dem Video leider verloren, aber Aserbaidschan bietet eine unaufwendige, aber beeindruckende Bühnenshow. Die werden bestimmt wieder eine Spitzenplatzierung erreichen. Aber was auch hier wieder auffiel.
2013 scheint das Jahr der nicht groß gewachsenen Bühnenkünstler zu sein. Es scheint als ob es männlichen Interpreten verboten ist die 1,7m-Hürde zu überspringen und die Frauen sollten besser noch kleiner sein. Dafür haben die Schweden eine Interviewmoderatoren engagiert, die alle Teilnehmer um eine Kopflänge überragt. Solange aber die Stimme groß ist, ist das ja egal und im Fernsehen sieht man das eh nicht. Der Tag geht zwar noch ein bisschen weiter, mein Bericht endet aber schon mal hier.
Teil 2, 6. Mai 2013
God dog Österrike! Gestern bin ich nach mehreren Stunden im Zug (u.a. im Nachtzug Wien-Hamburg) in Malmö angekommen. Die Stadt ist derzeit die Schmetterlingszentrale Europas. Überall in der Stadt sind die Tierchen angebracht, auch auf den Statuen ehemaliger Könige.
Heute am Montag war es soweit. Der erste Probentag hat begonnen und allen voran Österreich. Die erste der beiden Probenrunden kann dieses Jahr nicht live in der Halle verfolgt werden, sondern wird in ein Kino im (ehemaligen) Schlachthof, dem heurigen Euroclub, übertragen. Der österreichische Beitrag sorgt sicher dafür, dass der diesjährige Song Contest gleich mit Drive beginnt. Natália kam souverän und selbstsicher rüber. Das Bühnenbild ist überwiegend blau und anfangs hängen noch in weiß ausgeleuchtet Stalaktiten von der Decke.
Im Anschluss gibt es dann keine klassische Pressekonferenz, sondern im Euroclub ein sogenanntes Meet & Greet. Es gibt ein Fotoshooting und dann an Stehtischen Blitzinterviews. Es ist also alles etwas zwangloser. Und auch hierbei war Natália locker und arbeitete charmant die Journaille ab.
Ich konnte ihr dann von OGAE Austria noch beste Grüße ausrichten, worüber Sie sich sehr freute. Eines haben die Gastgeber aber wohl übersehen. Auch die selbst mitgebrachten Laptops und Notebooks müssen nach ein paar Stunden wieder aufgeladen werden, so dass sich die Meute inzwischen an die Wände verteilt haben, u.a. auch neben die Toilette Eingänge oder Kautabak Automaten. Das ganze erschwert zwar leicht die Berichterstattung, entwickelt aber inzwischen einen eigenen Charme. Das waren jetzt mal meine ersten Eindrücke aus Malmö.
Teil 3, 12. Mai 2013
Viele der Länder Proben sind abgeschlossen, und soeben sind die Proben der Big 5 und von Schweden im Gange. Viele der Fans und Journalisten, ja fast alle, sind nach Kopenhagen geflogen, dann über die beeindruckende Öresundbrücke und schon ist man in Malmö gelandet. Die Stadt, in der Größe vergleichbar mit Graz, ist überschaubar, besticht durch eine kleine aber schöne Altstadt und die Eurovision ist auch im Zentrum der Stadt („Gamla staden“) sehr präsent. Gestern gab Charlotte Perrelli in der Innenstadt („Gustav Adolf Torg“) ein Konzert fuer die Malmöer. Dass sie dabei hochschwanger auf der Bühne rumturnt, wurde von allen mit einem riesigen Beifall bedacht.
Nun zur Halle und zum Pressezentrum. Das erste was sich jeder ESC-Erprobte denkt, ist Folgendes: Oh mein Gott, ist diese Halle klein!
Tatsächlich ist die Halle die kleinste seit Kiew 2005. Das schwedische Fernsehen argumentiert, dass es bewusst den Bewerb nicht noch größer machen wollte. Der ESC soll wieder intim sein, und das wurde auch geschafft. Dass die Finaltickets innerhalb von 2 bis 3 Minuten ausverkauft waren, wird durchaus auch nicht kritisch gesehen. Irgendwie hat die Halle durch die rote Bestuhlung ein bisschen was von einem überdimensionalen Theater oder sogar einem Kino. Die Bühne passt sich der Halle an und ist ebenfalls nicht gross gehalten (siehe Foto), womit der Interpret ein wenig in den Mittelpunkt rückt. In den nächsten Tagen werde ich euch die einzelnen Beiträge genauer vorstellen.
Heute folgen erst mal die Big 5:
FRANKREICH: Amandine Bourgeois ist sicherlich nicht zum Favoritenkreis zu zählen. Die erste Minute steht sie still auf der Bühne, und auch das hektische „Rumgehample“ gegen Ende des Liedes hilft auch nicht weiter. Außerdem ist sie wieder ein Fall von mit-den-Fingern-in- die-Steckdo se gegriffen. Von Französinnen ist man definitiv anderes gewohnt, aber vielleicht verbessert sie ja ihren optischen Auftritt. Keine Favorit!
ITALIEN: Eine Eros Ramazotti-Nummer par excellence. Marco Mengoni, sicher einer der attraktivsten Sänger des Jahres, drückt mit seiner Herzschmerzballade „Essenziale“, dem San Remo Sieger 2013 kräftig auf die Tränendrüse und singt sich in den erweiterten Favoritenkreis. Es ist nur zu hoffen, dass im Falle, dass er nicht gewinnt, Italien fuer die naechsten Jahre nicht wieder beleidigt aus der Eurovision aussteigt. Marco steht ganz allein auf der Bühne. Das wird man heuer nur noch beim zypriotischen Beitrag sehen. Hut ab vor so viel Mut.
SPANIEN: Eine der belangloses den Nummern des heurigen Jahres. Die Gruppe ESDM mit der überaus rassigen und hübschen Frontfrau kann heuer nicht mal einen Blumentopf gewinnen. Schade, aus Spanien würde man sich mehr erwarten, überhaupt aufgrund der Tatsache, dass die Spanier Grand-Prix-verrueckt sind.
VEREINIGTES KOENIGREICH: Bonnie Tyler, sicher einer der arriviertesten KünstlerInnen des heurigen Jahrgangs („It s a heartache“), besticht durch Bühnenpräsenz und sie ist – noch immer – sehr gut bei Stimme. … und Bonnie verlässt sich auch darauf, Bühnenshow gibt es fast keine. Der englische Beitrag wird von vielen als sehr unterschiedlich bewertet. Manche glauben an ein Spitzen Resultat, manche sind überzeugt, dass es ein böses Ende nehmen könnte (siehe Engelbert letztes Jahr). Wir werden sehen.
DEUTSCHLAND: Sehr großes Medieninteresse herrschte auf der deutschen Pressekonferenz von Cascada und eines ist zu sagen: Deutschland singt sich in den Favoritenkreis und ist international sehr gut angekommen. Die Kostümwahl der Front Sängerin Natalie Horler ist viel, viel besser als die total missglückte Wahl im Vorentscheid, als sie sich in eine zu enge Korsage „presste“. Auch wenn man das Lied nicht mag, es muss neidlos anerkannt werden, dass die Deutschen wieder gute Arbeit abliefern. Es ist nur zu hoffen, dass Natalie nicht wirklich von der Showtreppe fällt, sie scheint auf ihren High Heels nicht ganz sicher zu stehen und braucht etwas Nachhilfe (von mir).
SCHWEDEN: Schweden ist nicht im engsten Favoritenkreis zu finden, ABER es wäre durchaus denkbar hier eine Überraschung zu erleben. Ähnlich wie die Frontfrau Cascadas scheint auch Robin Stjernberg seit dem Melodifestivalen abgenommen zu haben. In weissen Anzügen und mit perfekter stimmlicher Leistung (die Nummer ist extrem schwer zu singen) sind die Schweden wieder mit einer würdigen Nachfolgenummer vertreten. Man kann gespannt sein, wo man am Ende landen wird.
Und nun zu ÖSTERREICH: Vom österreichischen Beitrag wird so gut wie NICHT gesprochen. Niemand stößt sich an unserem Beitrag, aber es gibt auch kaum Leute hier, die meinen, dass Lied wäre toll. Eines muss man Natalia Kelly aber lassen. Sie hat fehlerlos gesungen, aber sie scheint mit dem Lied einfach unterfordert zu sein. Sie kann definitiv mehr als das Lied „Shine“ zulässt. Schade. Dennoch drücken viele Beobachter Natalia die Daumen, dass es mit dem Finaleinzug klappt, da ihre tolle Stimme und ihr sympathisches Auftreten viele neue Freunde gefunden hat. Natalia konnte aber ihr Talent schon unter Beweis stellen, indem sie eine hervorragende Coverversion in a capella von „Can t wait until tonight“ (Matz Mutzke, 2004) zum besten gab. Die Pressekonferenz war mit an die 60 Personen mittelmäßig besetzt. Sehr viele Fragen wurden über ihre brasilianische Herkunft gestellt und es fiel auf, dass Natalia in bestem Englisch antwortete, auch wenn sie die Fragen oft ausweichend bzw. ungenau beantwortete. Schauen wir mal, was passiert.
Hier die aktuellen Rankings aller Buchmacher zusammengefasst:
- Dänemark
- Norwegen
- Ukraine
- Russland
- Aserbaidschan
So, das war es mal, heute findet noch der grosse Empfang in der Oper von Malmö statt.
Teil 4, 13. Mai 2013
Heute erwartet uns ein ruhiger „Arbeitstag“ in Malmö. Tagsüber sind keine Proben angesetzt und die Generalproben beginnen erst am späten Nachmittag und um 21:00 Uhr folgt die zweite Generalprobe, die die internationalen Jurys bewerten. Es wird also insoweit ernst heute.
Es folgt nun Teil 2 aus Schweden – ich freue mich über Unterstützung unseres Vizepräsidenten René Kern, der mittlerweile ebenfalls in Malmö eingetroffen ist. Heute möchte ich euch über die Details zu unseren direkten Mitbewerbern im 1. Halbfinale informieren. Interessanterweise wurde gerade bei Österreich die Reihenfolge innerhalb der Probezeiten geändert. Unser südlicher Nachbar Slowenien wollte unbedingt von Startplatz 1 die Probe bestreiten, da man zeitlich unter Druck geraten war. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass Natalia Kelly die Show eröffnen wird. Bei der Pressekonferenz wurde sie natürlich auf den etwas „unglücklichen“ Startplatz 1 angesprochen, und sie bestätigte, dass es nicht ihre absolute Lieblingsstartposition sei, jedoch nach einiger Überlegungszeit ist sie nun mit der Wahl des schwedischen Fernsehens, die ja den Startplatz für Österreich bestimmten, überaus zufrieden und stolz, den internationalen Bewerb eröffnen zu dürfen.
Und nun zu den einzelnen Beiträgen:
ÖSTERREICH: Eines kann man heuer sicherlich nicht behaupten: es liegt nicht an Natalia Kelly, wenn Österreich im Halbfinale scheitern sollte. Das Weiterkommen ist etwas fraglich, denn bei den Buchmachern wird Österreich im Semifinale 1 auf Position 8 bis 11 gelistet. Platz 11 würde bedeuten, dass wir nach Hause fliegen könnten, denn nur die ersten 10 schaffen den Aufstieg ins ersehnte Finale am Samstag. Natalia Kelly besticht trotz ihrer Jugend durch tadellose stimmliche Leistungen während der Proben. Es ist davon auszugehen, dass sie die Nerven behalten wird, denn schlussendlich ist sie auch als Newcomerin wettbewerbserprobt. Etwas wird man von Natalias Leistung abgelenkt, wenn man sich im Publikum befindet und die überdimensionalen Lichtinstallationen, die sich auf- und abbewegen und an das Testverfahren innerhalb einer Kondom-Produktionsfirma erinnern, sieht. Oder sind es einfach nur Eiszapfen? Seht selbst, ihr werdet wissen, was gemeint ist.
ESTLAND: Gänsehautfeeling pur, vor allem, wenn man sich vor Ort in der Halle befindet. Die Inszenierung des in estnisch gesungenen Beitrages erinnert an das Märchen „Schneewitchen“. Haare, so schwarz wie Ebenholz, blutrote Lippen und ein Kleid, dass an Unschuld und Volumen kaum zu übertreffen ist und in dem man sich keine Sorgen um seine Figur zu machen braucht, zeichnet die Performance der estnischen Sängerin Birgit Öigemeel aus. Kein sicherer Finalplatz, bei den Eurovisionsfans – jedoch hoch im Kurs.
SLOWENIEN: Warum ist es eigentlich immer so, dass die Beiträge aus dem (erweiterten) Balkan an eine Peepshow erinnern müssen? Zugegeben, die slowenische Interpretin Hannah Mancini ist mit einer absoluten Topfigur gesegnet und wäre besser bei Germany Next Topmodel über 30 aufgehoben. Im engsten Lederoutfit des Abends und unterstützt von artistischen Tänzern wird der an sich schon lebhaften Uptempo-Nummer zusätzlich Dynamik verliehen. Die Chancen auf einen Finaleinzug werden vor Ort auf eher unwahrscheinlich eingestuft.
KROATIEN: Aus irgendeinem Grund erinnert die Nummer stark an die Herrentruppe von „Adoro“. Klapa s Mora – die sechs Herren in dunklen Anzügen können stimmlich sehr überzeugen, wen wundert´s, handelt es sich bei den Kroaten um klassisch ausgebildete Sänger. Trotzdem hat sich so manch einer eine pathetische Vorstellung erwartet. Es dürfte sich aber für Kroatien gelohnt haben, die Herrschaften in den Bewerb zu schicken, werden sie doch von vielen im Finale gesehen. Nur eines: Topfavoriten im Semifinale sind sie nicht.
DÄNEMARK: Emmelie de Forest, diesen Namen wird man sich wohl merken müssen. Nicht nur, dass Dänemark von Beginn an die Buchmacher-Hitlisten anführte, die Nachbarn Schwedens haben sich wirklich ins Zeug gelegt. Die in Orange und Gold gehaltene Bühne, eine Sängerin, die in ihrem schlichten weißen und vor allem kurzen Kleid an die Unschuld eines Kindes erinnert, stimmlich eine leichte Kopie der Vorjahressiegerin Loreen abliefert, von Trommlern und Flötisten unterstützt und am Ende von „Goldglitterregen“ und Pyrotechnik genial in Szene gesetzt, scheint auf Sieg programmiert zu sein. Was auffällt ist, dass in Eurovisionskreisen vor allem das Intro des Flötisten nach mehrmaligen Hören des dänischen Beitrages für genervte Stimmung sorgt. Dies wird aber dem erfolgreichen Abschneiden Dänemarks nicht schaden. Originellerweise wurden bei der dänischen Pressekonferenz Emmelie de Forest-Flöten verteilt, die sogleich von den anwesenden Journalisten verwendet wurden und ebenfalls für leichten Unmut sorgten. Noch nie hat man schrägere Töne im Pressecenter gehört. Fazit: man sollte nicht mit der Flöte spielen, wenn mans nicht kann und Dänemark wird wohl die Eurovision gewinnen.
RUSSLAND: Was sich das Schwedische Fernsehen dabei gedacht hat gleich drei der Top-Favoriten des Abends (Dänemark, Russland und die Ukraine) hintereinander starten zu lassen, ist kaum nachvollziehbar. Vielleicht wollte man einfach auch nur die nachfolgenden Beiträge etwas ‚demütigen‘. Russland greift mit seiner Sängerin Dina Garipova ganz tief in die Eurovisionskiste. Die Ballade, ganz im Grand Prix-Manier gehalten (Bridge, Halbtonschritt am Ende, usw. …), erinnert einige hier an die ebenfalls in Malmö siegreiche Komposition „Why me?“ von Linda Martin aus dem Jahr 1992. Übrigens, wie zu erwarten, ist Linda Martin einer der Stargäste hier in Malmö. Russland wird bei den Buchmachern als fixer Starter im Finale gesehen und mittlerweile auf Platz 4 im Endranking des Eurovision Song Contest 2013 gelistet. Einziger Nachteil, der Backgroundchor neigt etwas zur Übertreibung und übertönt Dina, deren russische Wurzeln aus rein optischer Sicht kaum zu verbergen sind (erinnert sie doch an eine noch schlanke „Babuschka“, die man ins Galagewand gesteckt hat), am Ende des Liedes. Wie bei so vielen Interpretinnen aus dem Osten, hat sie null Tau vom Englischen und weder Ahnung über die Dramaturgie ihres Liedes, noch warum sie hier in Malmö überhaupt auf der Bühne steht.
UKRAINE: Gleich eines vorweg: die Ukraine ist schon wieder unter den Favoriten auf den Gesamtsieg. Zlata Ognevich ist wahrscheinlich die stimmgewaltigste weibliche Teilnehmerin der heurigen Eurovision. Fraglich bleibt aber der Auftritt eines in Amerika lebenden 2,40m-Riesen mit ukrainischen Wurzeln, der die zierliche Zlata am Beginn auf Händen auf die Bühne trägt und sie auf einen zentral stehenden Felsen absetzt. Das ist es aber auch schon, der Riese tritt schweren Schrittes von der Bühne ab und überlässt der Stimmkünstlerin die Bühne. Insgesamt erinnert das Schauspiel am Anfang an ein Kuriositätenkabinett und von vielen wird das Kalkül des ukrainischen Fernsehens, damit möglichst viel internationale Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, kritisch gesehen. Aber es war eine der bestbesuchtesten Pressekonferenzen im heurigen Jahr. Ukraine wird für Samstag mittlerweile für Platz 2 gehandelt. Fazit: King Kong lässt grüßen….
NIEDERLANDE: Die in Holland seit Jahren erfolgreiche Sängerin Anouk hat es endlich geschafft. Nach mehrmaligen Scheitern in den Vorentscheidungen ist sie dieses Jahr mit ihrer schwermütigen, ja fast depressiven Nummer die Hoffnung der Niederlande, endlich ins Finale einzuziehen. Das letzte mal gelang es den Niederlanden 2004, sich für das Finale zu qualifizieren. Dies tat aber der Pro-Eurovision Stimmung in diesem Land in all den Jahren keinen Abbruch. Anouk verlässt sich auf ihre einzigartige Komposition und auf ihr unverwechselbares Timbre und setzt nicht auf billige Effekthascherei. Die Nummer ist einer der schwierigst einzuschätzenden Beiträge des Song Contests in Malmö. Alles ist möglich, aber nix ist fix…
MONTENEGRO: Bei dem direkt bestimmten Beitrag der Gruppe Who See unterstützt von der bekannten Popsängerin Nina Zizic handelt es sich um einen Hipp-Hopp-Song mit einigermaßen sperrigen Poppassagen. Seit der Wiedererlangung der Unabhängigkeit Montenegros konnte die Hürde des Semifinales nie überwunden werden. Auch diese Jahr ist damit kein Blumentopf zu gewinnen. Die Formation führt sehr selbstbewusst ihre ‚Astronautennummer‘ vor. Es ist nach wie vor eine absolut befremdliche Sache – insbesondere, wenn man sich vorstellt, dass der normale Zuschauer von der vermeintlichen Message des landessprachigen Liedes kaum etwas begreifen kann. Immerhin ist der grün-gelbe Bühnenhintergrund eine absolut passende Umrandung für die Gefühle, die beim Anhören des Beitrages entstehen und zwar: Übelkeit. Montenegro zählt zu einem der sichersten Verlierer des Abends und wird für den letzten Platz gehandelt.
LITAUEN: Wie bereits im Vorfeld angekündigt wird Andrius Pojavis nun doch von einem Chor begleitet. Andrius trägt (bisher) ein schlichtes weißes T-Shirt mit Lederjacke, was zu ihm passt, aber auch die Schlichtheit der kompositorischen Leistung unterstreicht. Er arbeitet fleißig mit den Armen und greift förmlich in die Kamera, seine Augenbrauenmimik ist immer noch hypnotisierend ja fast angsterregend, aber weniger ausgeprägt als in der Vorentscheidung des baltischen Landes. Das Bühnenbild besteht aus verschiedenen geometrischen Anordnungen, bringt aber nur bedingt Schwung in die Szenerie. Tipp: man sollte sich auf die Augen des Sängers konzentrieren, und den Ton des Fernsehers auf stumm schalten. Ist kein Favorit für den Einzug ins Finale.
WEISSRUSSLAND: Weißrusslands „Solayoh“ macht seinem Image eines konventionellen Sommerschlagers alle Ehre. Ganz der Tradition Weißrusslands und seines Regimes folgend wurde zwar eine Vorentscheidung ausgetragen, die auch tatsächlich von Alyona Lanskaya gewonnen wurde, ihr Beitrag „Rhythm of Love“ wurde kurzerhand und rechtzeitig vor der Frist der EBU aus dem Verkehr gezogen. So wird Weißrussland mit dem Latino-Dance-Titel vertreten sein. Bisher machte man mit diesem Austauschsystem keine guten Erfahrungen. Bei der einzigen Topplatzierung von Belarus anno 2007 hatte man auch wirklich den wahren Sieger der Vorentscheidung ins Rennen geschickt. Bleibt zu hoffen, dass das Feuerwerk am Ende des Beitrages nicht umsonst verpulvert wird und der Fluch der letzten Jahre nicht anhält. Es wäre der attraktiven Alyona zu gönnen und man ist sich international einig, dass die doch etwas billige Komposition über das Televoting ins Finale kommen wird.
MOLDAWIEN: Aliona Moons überdimensional langes Kleid, welches sich selbst und die Interpretin erstaunlich erhöht, um mit tiefroten Projektionen einen nicht ganz neuen Effekt problemfrei darzustellen, wird sich ins Gedächtnis des Zuschauers einprägen, könnte aber vom musikalischen Hauptwerk enorm ablenken. Außerdem sind die Zeiten der Trickkleider wohl schon seit einigen Jahren vorbei und nur Marie N, die Siegerin 2002, konnte damit noch im Televoting-System die entscheidenden Punkte holen. Moldawien wird von den Buchmachern überwiegend im Finale gesehen, was aber tatsächlich weniger an der musikalischen Leistung liegen wird. Auch hier bestätigt sich, dass die wahren Favoriten des 1. Halbfinales am Anfang der Show zu sehen sein werden und die dahin plätschernden Beiträge, die Zuschauer in der zweiten Hälfte des Semifinales einschlafen lassen wird. Man hätte sich vom schwedischen Fernsehen mehr Dramaturgie bei der Zuteilung der Startplatzierungen gewünscht, und wie gerne wäre Österreich mit dieser Startnummer ins Rennen gegangen.
IRLAND: Nach 2 Jahren der „Jedward-Manie“ voller Hysterie um die durchgeknallten irischen Zwillinge, die uns in Düsseldorf und Baku Tag und Nacht in Atem hielten, kehrte in diesem Jahr wieder ein wenig Ruhe und Normalität in Irlands Eurovision Aktivitäten zurück. Das Bühnenbild erstrahlt abwechselnd in rot und blau. Den Beginn machen zwei Trommler auf der Nebenbühne, bevor man zur Hauptbühne wechselt. Dort stehen links 2 Chorsängerinnen, rechts steht die große Trommelanlage die fleißig ‚gehauen‘ wird, und im Hintergrund tanzen die beiden anderen fernsehtauglichen und mystisch bemalten Oberkörper vom Anfang an. Ryan Dolan, der irische Vertreter, steht einfach in der Bühnenmitte und singt mit kräftiger Stimme und weit ausladenden Armbewegungen. Pyrothechnik beendet das Ganze. Das Finale scheint in Reichweite, auch wenn es sich hierbei – ähnlich wie bei Österreich – um einen ‚Wackelkandidaten‘ handelt. Insofern passt der Beitrag perfekt zu der Belanglosigkeit der zweiten Hälfte des Halbfinales.
ZYPERN: Als sehr faszinierende Frau erweist sich Zyperns Despina Olympiou, die sich zu den populärsten Sängerinnen des griechischsprachigen Raums entwickelt hat. Despina ist von Klassik über Jazz bis Folklore von allen möglichen Musikrichtungen beeinflusst. Sie steht ohne jegliche akrobatische oder stimmliche Unterstützung am Mikrofon. Nur die fliegenden Kameramänner dürfen auch noch mit auf die Bühne, diese wird man aber im TV ja hoffentlich nicht sehen. Ihr Kleid besteht aus körperbetonendem Spitzstoff, der durchscheinend wirkt und farblich irgendwo zwischen grün und schwarz liegt. Ansonsten begleiten nur gekonnt dramaturgisch eingesetzte Armbewegungen den Auftritt. Eines ist aber klar: Despina hat etwas zu verlieren – durch ihren hohen Bekanntheitsgrad würde ein schlechtes Abschneiden ihrer nationalen Karriere sicherlich einen Abbruch tun. Geht es nach den Buchmachern, kann sie am Mittwoch samt ihrer anspruchsvollen, jedoch sehr sperrigen Performance die Heimreise antreten. Fazit: das Lied spiegelt die finanziell kritische Situation des Landes unfreiwillig wieder.
BELGIEN: Es ist einfach zu tragisch: Roberto Bellarosa singt nicht nur von „Love Kills“, er hat tatsächlich zur Zeit ein gebrochenes Herz – das arme Kerlchen! Ein ausgesprochen heiterer Junge, der mit 18 Jahren in diesem Jahr der jüngste Teilnehmer ist. Sein italienischer Vater wollte ursprünglich einen Fußballprofi aus ihm machen, ist nun aber stolz, ihn auf der ESC-Bühnen für Belgien stehen zu sehen. Der junge Roberto holt sich noch Begleitung auf die Bühne. Er wird die vollen drei Minuten lang von zwei jungen Damen umschwirrt, was ja bei so einer Show nicht ungewöhnlich ist. Nur dass er auf die Umgarnungen so überhaupt nicht reagiert, ist bei einem Lied über Liebe nicht ganz nachvollziehbar (vielleicht ist er sich seiner Orientierung noch nicht bewusst). Geteilte Meinungen herrschen hier aber über die Wirkung des Tanzes, von gefällt mir bis seltsam. Roberto ist voller Zuversicht, dass es mit dem Finale klappt und er alle Teile Belgiens stolz machen wird. Selbst die immer eher pessimistisch belgischen Medienvertreter schließen ein Weiterkommen nicht aus.
SERBIEN: Da können die Serben noch so sehr behaupten, es ginge in ihrem Lied um einen Kampf um die Liebe: Es bleibt ein absurd inszenierter Zickenkrieg, das ein blondes Dummchen zu schlichten versucht und gleichzeitig Gegenstand der Begierde ist. Das ist alles ziemlich seltsam und für Zuschauer außerhalb Ex-Jugoslawiens kaum zu verstehen. Die Frisuren bleiben zuckergestärkt grotesk, die Kostüme pastell-grell und das Make-Up absurd. Ein Comedy-Auftritt der neuen Generation und der ganz speziellen Art. Mit Hilfe der Stimmen aus den Nachbarstaaten könnte es eventuell etwas werden mit dem Finale. Und wiederrum stellt sich die Frage, warum muss ein Beitrag aus dem Balkan ins Peepshow-artige abgleiten…
Hier nun unser Tipp:
- Österreich
- Kroatien
- Dänemark
- Russland
- Ukraine
- Niederlande
- Weißrussland
- Moldawien
- Belgien
- Serbien
Gestern wurde auch der Bürgermeisterempfang in der Oper gegeben. Dieser wurde dann im Euroclub fortgesetzt. Zahlreiche Delegationen fanden sich zu späterer Stunde ein und standen den akkreditierten Fans und Journalisten Rede und Antwort und natürlich waren sie, wie jedes Jahr, begehrte Fotoobjekte. Zum Bedauern vieler Fans konnte sich Bonnie Tyler nicht erweichen, den Festivitäten beizuwohnen, zählte doch ihre Pressekonferenz zu einer der absolut bestbesuchtesten Konferenz. Zur illustren Runde der Delegationen gesellten sich dann noch die Eurovisionssieger von 1985 „Bobbysocks“.
Teil 5, 14. Mai 2013
Ausgeträumt…. Wie leider schon zu befürchten war, hat es Natália trotz eines tadellosen Auftritts nicht ins Finale geschafft. Aber auch Kroatien und Serbien, auf die wir getippt hatten, haben es nicht geschafft. Vom ehemaligen Jugoslawien hat nun nur noch Mazedonien die Chance, am Donnerstag das Finalticket zu erlangen. Soviel zum Thema “Nachbarschaftshilfe”
Heute sind die Proben der Big Five plus dem Gastgeberland Schweden. Die Pressekonferenzen laufen recht relaxed ab. Natalie von Cascada z.B. meinte, dass sie, weil sie ja zweisprachig aufgewachsen ist, wenn es mit der Musikkarriere nicht mehr klappt auch in einem Hotel arbeiten könnte.
Die Französin Amandine Bourgeois erinnerte bei der Pressekonferenz eher an eine unschuldige und schüchterne Person, also ganz im Gegensatz zu Ihrer Bühnenshow, wo man richtig Angst bekommen könnte, sie aber, wie es sich für eine Französin gehört, alles gibt. Raquel von ESDM (Spanien) verriet, dass sie im Finale nicht in weißen Probekleid auftreten werde, wollte aber weitere Details zu ihrem Finaldress nicht enthüllen. Alle drei mussten auch während der Pressekonferenz die Starthälfte ziehen – also 1. Hälfte, oder 2. Hälfte. Und alle drei starten in der ersten Hälfte am Samstag.
Die restlichen drei Pressekonferenzen folgen in Kürze….
Teil 6, 15. Mai 2013
So, nun haben auch Schweden, England und Italien ihre Proben absolviert und die Pressekonferenzen gegeben.
Robin Stjernberg sorgte gleich zu Beginn für Gelächter, als er erklärte, dass er sich mit seinem Outfit mit Glitzer wie ein Prinz fühle. Wahrscheinlich dachten alle, er meine Prinzessin. Außerdem erklärte er, dass er gerne freaky sein möchte – was auch immer er damit meinte. Ein Journalist stellte die, ich meine unangebrachte Frage, wie er abgenommen hat, weil er ja früher doch dicker war. Robin nahms locker und erklärte, dass er nun einfach weniger Süßes esse, als in der Zeit, in der er Student war.
Bonnie Tylers Pressekonferenz war die Berührendste. Sie erzählte, dass sie einen Ring von ihrer Mutter bei sich hat und sie so immer bei ihr ist. Und Robin musste darauf sehr nett reagiert haben (sie erzählte nicht, was er gesagt hatte), denn dann hatte sie nur noch Tränen in den Augen und musste kurz unterbrechen. Ihr Titel „Believe in me“ ist auch ihr Motto, welches sie von ihrer Mutter immer mitbekommen hat. Glaub an dich, und wenn es auch mal bergab geht, halte den Kopf nach oben. Gestern hat sie sich das Semifinale angesehen und sich gewünscht, dass sie es nicht hätte, denn nun weiß sie, welch große Konkurrenz sie hat. Naja…. Und sie war die einzige, die zugab, dass sie beim Song Contest auch mitmacht, um ihr neues Album zu promoten. Hut ab für diese Ehrlichkeit.
Der Italiener, Marco Mengoni, ist ein absolut irrer Typ, der, so macht es den Anschein, nicht bis drei zählen kann. Leider versteht bzw. spricht er kein Englisch, so musste seine Kollegin die Übersetzung machen. Auf die Frage, warum Italien nicht so Song Contest begeistert ist, meinte er, dass sie ja 14 Jahre nicht teilgenommen haben und in den letzten Jahren doch viele andere Probleme im Land hatten. Wie wahr…. Warum seine Show recht schlicht ist und kein Feuerwerk oder ähnliches benutzt, meinte er: Musik braucht kein Geld, sondern nur Ohren! Ein wahrer schöner Satz.
Teil 7, 16. Mai 2013
Gestern ging das Jury-Semifinale 2 über die Bühne, das bedeutet 50 % der Stimmgewichtung ist bereits entschieden. Eröffnet wurde die Show mit einer Variation des Te Deums, der Kennmelodie der Eurovision. Insgesamt fällt die Eröffnung nicht allzu spektakulär aus. Ganz dem Motto des Einsparens getreu.
LETTLAND: Der lettische Beitrag von PeR erinnert in seiner Aufmachung sehr stark an die Zwillingsbrüder Jedward aus Irland. In silbernen Paillettenanzügen, „Hüpfdolen“ gleich, quält man sich knappe 3 Minuten durch diesen Beitrag. Kein klarer Favorit für den Aufstieg, aber seitdem Litauen als eindeutiger, vermeintlicher Nicht-Qualifikant im Semifinale 1 aufgestiegen ist, ist nichts mehr 100%ig vorhersehbar. Großer Pluspunkt: die beiden Jungs sind ganz ansehnlich… Warum auch das schwedische Fernsehen gerade diesen Beitrag auf Startplatz 1 gesetzt hat, ist etwas fraglich, aber zumindest ist die Nummer nicht zum einschlafen.
SAN MARINO: Valentina Monetta, das Schätzchen von Ralph Siegel, die zum zweiten mal ihr Glück bei der Eurovision sucht, ist dieses Jahr eindeutig unter den Favoriten anzusiedeln. Auch wenn die Performance von einigen als nicht 100%ig auf Sieg umgesetzt gesehen wird, brilliert Valentina durch ihre tolle Stimme. Bemerkenswert finden viele, dass die Nummer nicht vollkommen als Ralph Siegel-Komposition zu erkennen ist – und wieder einmal zeigt sich, dass primär das Lied entscheidend ist und nicht der Interpret. Sie hält am Anfang ihres Auftritts eine leuchtende Kugel in der Hand und auch ein Cape à la Danijela (Kroatien 1998) ist im Einsatz. Überhaupt scheint das Kugelmotiv – siehe auch Russland – sehr beliebt.
MAZEDONIEN: Die mazedonische Delegation ist ebenfalls in unserem Hotel untergebracht. Besonders auffällig ist natürlich die mazedonische „Mami“, die vor allem durch ihre Masse für Aufsehen sorgt. Vlatko Lozano, der Duettpartner von Esma Redzepova besticht durch eine tolle Stimme, wie man sie aus dem Balkan gewöhnt ist. Zjelko Joksimovic lässt grüßen. Das Auffälligste an der Nummer ist natürlich Esma, die in ihrer roten Abendrobe samt passendem Kopfschmuck die Halle zum Beben bringt.
ASERBAIDSCHAN: Farid Mammadov hat sich in den erweiterten Favoritenkreis gesungen. Sicherlich ist das nicht auf seinen Beitrag und schon gar nicht auf seine stimmlichen Leistungen zurückzuführen. Aserbaidschan zeigt uns, wie man aus einer mittelprächtigen Nummer einen Mitfavoriten machen kann. Farid steht auf einer Glasbox – in dieser befindet sich sein Spiegelbild in Form eines Tänzers, ja man könnte fast sagen eines Akrobaten, der exakt die gegensätzliche Seite eines Spiegelbildes erzeugt. Insgesamt mutet der Beitrag homoerotisch an, denn kaum ein Beitrag enthielt jemals eine ähnlich intensive Annäherung zwischen zwei Männern auf der Eurovisionsbühne. Der Head of Delegation meinte auf die Frage, warum man homoerotische Elemente in die Choreographie eingebaut hat, dass dieses Lied für alle sei – und zwar wird die Liebesromanze der beiden Männer durch eine Tänzerin im roten, meterlangen Schleppkleid unterbrochen und mündet in einen „Dreier“…. Es wird nicht die einzige gleichgeschlechtliche Handlung des Abends bleiben.
FINNLAND: Damit sind wir schon beim nächsten Beitrag: Finnland. Im Hochzeitskleid – wie zu erwarten – tritt die überaus charmante und hübsche Blondine Krista Siegfrids auf die Bühne. Unterstützt wird sie dabei von ihren Brautjungfern, die auch klassisch mit Blumensträußen ausgestattet, der Braut huldigen. Im laufe des Liedes wird Krista mit einem meterlangem Brautschleier gekrönt, der perfekt in die Performance eingebracht wird. Und nun zur Überraschung: dachte sich die Männerwelt, das Krista heiratswillig sei, werden diese bitter enttäuscht sein – der Schluss des Beitrages wird durch einen Kuss zwischen Krista und einer Frau besiegelt. Überhaupt kümmern sich die finnischen Teilnehmer nicht großartig um das Publikum, sondern brechen am Ende in lautes Jubelgeschrei aus, so wie man das eben von einer Junggesellinenparty erwartet. Es handelt sich hierbei nicht um einen angedeuteten Kuss, dieser Kuss macht selbst Madonna und Britney Spears Konkurrenz. Fazit: ein Song, der zu Toleranz mahnt.
MALTA: Gianluca, ein überaus charmanter, kleiner Malteser, vertritt den Inselstaat. Die Nummer an sich ist sicher hitparadentauglich, jedoch in seiner Aufmachung viel zu einfach, um gegen die anderen Liveacts anzukommen. Sommer, Sonne, Strand und Meer – genau das Feeling kommt auf, allerdings etwas seicht und unscheinbar. Gianluca wird auch im Falle seiner Nichtqualifikation ein zweites Standbein wahrnehmen können, handelt es sich bei ihm doch um einen waschechten Doktor der Medizin.
BULGARIEN: Bulgariens Fahnen werden von Elitsa Todorova & Stoyan Yankulov hochgehalten. Das enervierende Stück der ehemaligen, sehr erfolgreichen Song Contest-Teilnehmer wird es wahrscheinlich ins Finale schaffen. Zu zwingend ist deren Trommelgehabe und das hektische, schwer zu definierende Geheule Elitsas. Conclusio: nichts Neues aus Bulgarien, man setzt auf Altbewährtes und wird es wahrscheinlich ins Finale schaffen.
ISLAND: Der blonde Hüne aus Island ist für viele ESC-Fans unter den persönlichen Favoriten. Die schöne Ballade, ganz in isländisch gesungen, ist in seiner Performance ebenfalls sehr reduziert gehalten. In schlichtem, aber passenden Blau wird Eypör Ingi in Szene gesetzt. Höchstwahrscheinlich ist ganz Skandinavien, im weiteren Sinne also mit Finnland und Estland, am Finale beteiligt.
GRIECHENLAND: „Alcohol is free“, das ist die Devise der griechischen Gruppe Koza Mostra mit Agathonas Iakovidis… Und damit sprechen sie uns aus der Seele. Nicht außer Acht lassen, sollte man die Tatsache, dass es sich bei den Musikern, auch wenn sie nicht live auf der Eurovisions Bühne musizieren dürfen, um professionelle Künstler handelt, die es verstehen, mit ihren Instrumenten die Hallen zu füllen. Die Nummer strahlt nur so von Dynamik und Optimismus, im Falle Griechenlands wohl Zweckoptimismus. Anfangs als Mitfavorit auf den Sieg gesetzt, wird die Gruppe wohl unter den Top 10 im Endklassement des Song Contests landen.
ISRAEL: Moran Mazor, die israelische Hoffnung im heurigen Jahr, brilliert weder durch besondere stimmliche Vorzüge, noch durch optische Reize, im Gegenteil, sie wird sogar recht unvorteilhaft präsentiert. Reingenäht in ihre schwarze Abendrobe wirkt die ganze Performance sehr gezwungen und ein Weiterkommen ist in Frage zu stellen. Moran ist sicherlich die Persönlichkeit des Jahres, die durch ihre optische Auffälligkeit (unverzichtbare Brille) für mehr Spot und Hohn als Anerkennung sorgt. Die Bezeichnungen reichen von israelische Nana Mouskouri bis hebräisches Brauereipferd, wobei anzumerken ist, dass sie eine der umgänglichsten Persönlichkeiten dieses Jahres ist.
ARMENIEN: Dorians, der Vertreter Armeniens zählt nicht zu den beliebtesten Vertretern innerhalb seines Landes. Schon als er bestimmt wurde, die armenische Flagge zu vertreten, kam es zu leichten Unruhen. Als dann noch die überaus langweilige Softpopnummer „Lonely Planet“ gewählt wurde, hatte er endgültig alle Sympathien im eigenen Land verloren. Und auch in Malmö lauft diese Lied unter „ferner liefen“. Showfaktor gleich Null.
UNGARN: …wobei wir schon beim nächsten Beitrag wären. Ungarn unterbietet den Showgehalt des armenischen Beitrages um Längen. In grauer Mütze steht Bye Alex auf der Bühne und gibt sein „Gäldwäsche“ (oder ist es „Bättwäsche“) zum Besten. Eines ist aber zu sagen – und das unterscheidet ihn von den Armeniern – die Nummer ist bei vielen sehr sehr beliebt. Niemand weiß warum, aber die Nummer hat etwas…. somit ist ein Weiterkommen nicht komplett ausgeschlossen.
NORWEGEN: Skandinavien ist heuer insgesamt wieder sehr stark. Alle Beiträge könnten es ins Finale schaffen und Norwegen wird aktuell auf Platz 3 der Sieganwärter für Samstag gelistet. Die Performance erinnert sehr stark an Margaret Bergers Performance im Melodi Grand Prix, keine Variation zur Vorentscheidung. Es gibt kaum Überraschungen, aber die Nummer ist sicherlich DIE zeitgemäßeste im Jahr 2013 und hat sicherlich Hitparaden Tauglichkeit. Insofern wird es sicherlich keine schlechte Platzierung für Norwegen geben, und man hat wieder ein professionelles Händchen bei der Auswahl des norwegischen Beitrags bewiesen.
ALBANIEN: Adrian Lulgjuraj und Bledar Sejko, die Namen sind schon unaussprechlich, genauso ist auch deren Performance kaum in Worte zu fassen. Allerdings beruht das nicht auf eine unfassbare Umsetzung des Beitrages, sondern die Beschreibung in Worten fällt deswegen schwer, weil die Nummer einfach nur so „dahin plätschert“. Sie tut nicht weh, aber ein Weiterkommen ist sehr in Frage zu stellen.
GEORGIEN: Das charmanteste Duett liefert in diesem Jahr Nodi Tatishvili & Sophie Gelovani aus Georgien. Die für viele hoch gehandelte Ballade wird stimmig, aber nicht unbedingt zwingend für den Sieg umgesetzt. Mit Nebel und Rauchsäulen wird Georgien als sicherer Kandidat für den Finaleinzug gehandelt. Die Tatsache, dass zwei attraktive Menschen den Beitrag bestreiten, ist diesem Unterfangen sicherlich dienlich.
SCHWEIZ: Oh, die arme Schweiz. Es findet sich endlich einmal ein internationaler Ohrwurm im Semifinale ein und dann wird der Beitrag – siehe auch bei Österreich – so unspektakulär in Szene gesetzt. Weiß man noch immer nicht, dass es nicht reicht, sechs Leute unmotiviert auf die Bühne zu stellen? Da hilft es auch nicht, wenn man einen über 90ig jährigen Kontrabassisten auf die Bühne stellt, der unmotiviert und a-rythmisch sein Instrument spielt und dazu die Lippen bewegt. Die Tatsache, dass der älteste Teilnehmer aller Zeiten heute auf der Bühne stehen wird, ist somit nachrangig. Takasa, eigentlich eine Abordnung der Heilsarmee, kann trotz Sympathie und Attraktivität einiger Mitglieder der Band kaum überzeugen und findet sich somit in der Gruppe der Wackelkandidaten wieder.
RUMÄNIEN: Rumänien, das Land weiß einfach, wie man aus Nichts etwas machen kann. „It´s my life“ von Cezar wurde im Vorfeld mehr belächelt, als ernst genommen und tatsächlich ist der klassisch ausgebildete Countertenor aus Rumänien sicherlich etwas Fehl am Platz. Jedoch: kaum ein Beitrag wird derart toll in Szene gesetzt. Insgesamt macht der Vortrag seinem Land alle Ehre, erinnert er doch sehr an den berühmt berüchtigten Dracula aus Transsylvanien. Seht selbst, ihr werdet wissen, was gemeint ist. Mit Hebebühne, schwarzen Paillettenanzug, blutrot-eingefärbten Tänzern und roten Seidentüchern wird Rumänien sicherlich nicht – wie im Vorfeld prognostiziert – am Ende des Klassements liegen.
Hier unsere Einschätzung:
- San Marino
- Aserbaidschan
- Finnland
- Bulgarien
- Island
- Georgien
- Norwegen
- Griechenland
- Rumänien
- Mazedonien
Teil 8, 18. Mai 2013
Heute folgt der fünfte und damit letzte Newsletter direkt aus Malmö. Das Jury-Finale ging gestern über die Bühne, und das mit einigen Pannen, dazu aber später.
Das zweite Semifinale ist mittlerweile entschieden, und es gab einige Überraschungen. Die größte: Armenien. Unter lauten Buh-Rufen wurde die Qualifikation in der Halle aufgenommen, ähnlich wie bei Litauen im 2. Semifinale. Auch Ungarn und Rumänien sind eher Überraschungs Kandidaten, aber so ist nun mal die Eurovision, es wird immer schwieriger, den Ausgang einzuschätzen. Dass der gesamte Balkan nicht mehr im Finale vertreten ist, ist eine absolute Sensation und wem Österreich nun Punkte gibt, ist absolut fraglich, schieden doch Bosnien, Serbien, Türkei und ähnliche Länder heuer aus.
Insgesamt gibt es heuer eine Hauptfavoritin (Dänemark), das Rennen um Platz 2 ist aber so offen wie seit Jahren nicht, und tatsächlich tut man sich etwas schwer. Als weitere Topfavoriten werden nämlich gehandelt: Norwegen, Ukraine, Georgien, Aserbaidschan, Russland und Griechenland. Aber was ist heuer schon fix.
Ich möchte euch nochmals eine adaptierte Fassung aller Beiträge hiermit liefern – in der Reihenfolge des Auftritts. Bezüglich Intervall-Act und Intro erfahrt ihr mehr unten in dieser Mail.
FRANKREICH: Amandine Bourgeois ist sicherlich nicht zum Favoritenkreis zu zählen, noch dazu wurde ihr der 1. Startplatz gegeben. Die erste Minute steht sie still auf der Bühne, und auch das hektische „Rumgehample“ gegen Ende des Liedes hilft auch nicht wirklich weiter. Außerdem ist sie wieder ein Fall von mit-den-Fingern-in- die-Steckdose gegriffen. Von Französinnen ist man definitiv anderes gewohnt. Sicherlich wird sie im Rennen um den letzten Platz eine gewichtige Rolle spielen. ABER einigen gefällts.
LITAUEN: Wie bereits im Vorfeld angekündigt wird Andrius Pojavis nun doch von einem Chor begleitet. Andrius trägt ein schlichtes weißes T-Shirt mit Lederjacke, was zu ihm passt, aber auch die Schlichtheit der kompositorischen Leistung und seines Show- und Stimmtalents unterstreicht. Er arbeitet fleißig mit den Armen und greift förmlich in die Kamera, seine Augenbrauenmimik ist immer noch hypnotisierend ja fast angsterregend, aber weniger ausgeprägt als in der Vorentscheidung des baltischen Landes. Das Bühnenbild besteht aus verschiedenen geometrischen Anordnungen, bringt aber nur bedingt Schwung in die Szenerie. Tipp: man sollte sich auf die Augen des Sängers konzentrieren, und den Ton des Fernsehers auf stumm schalten. Auch er wird als letzter Platz gehandelt, vielleicht hilft im aber der Baltikum dabei, das Unglück abzuwenden.
MOLDAWIEN: Aliona Moons überdimensional langes Kleid, welches sich selbst und die Interpretin erstaunlich erhöht, um mit tiefroten Projektionen einen nicht ganz neuen Effekt problemfrei darzustellen, wird sich ins Gedächtnis des Zuschauers einprägen, könnte aber vom musikalischen Hauptwerk enorm ablenken. Außerdem sind die Zeiten der Trickkleider wohl schon seit einigen Jahren vorbei und nur Marie N, die Siegerin 2002, konnte damit noch im Televoting-System die entscheidenden Punkte holen. Moldawien wird von den Buchmachern überwiegend im Mittelfeld gesehen, was aber tatsächlich weniger an der musikalischen Leistung liegen wird. Man hätte sich vom schwedischen Fernsehen mehr Dramaturgie bei der Zuteilung der Startplatzierungen, handelt es sich bei den ersten drei Nummern nicht um einen wirklichen ‚Burner‘.
FINNLAND: Im Hochzeitskleid – wie zu erwarten – tritt die überaus charmante und bildhübsche Blondine Krista Siegfrids auf die Bühne. Unterstützt wird sie dabei von ihren Brautjungfern, die auch klassisch mit Blumensträußen ausgestattet, der Braut huldigen. Im Laufe des Liedes wird Krista mit einem meterlangen Brautschleier gekrönt, der perfekt in die Performance eingebracht wird. Und nun zur Überraschung: dachte sich die Männerwelt, das Krista heiratswillig sei, werden diese bitter enttäuscht sein – der Schluss des Beitrages wird durch einen Kuss zwischen Krista und einer Frau besiegelt. Überhaupt kümmern sich die finnischen Teilnehmer nicht großartig um das Publikum, sondern brechen am Ende in lautes Jubelgeschrei aus, so wie man das eben von einer Junggesellinenparty erwartet. Es handelt sich hierbei nicht um einen angedeuteten Kuss, dieser Kuss macht selbst Madonna und Britney Spears Konkurrenz. Fazit: ein Song, der zu Toleranz mahnt. UND NOCH WAS: Es wird nicht der einzige gleichgeschlechtliche Kuss des Abends bleiben, so viel sei schonmal gesagt.
SPANIEN: Eine der belanglosesten Nummern des heurigen Jahres. Die Gruppe ESDM mit der überaus rassigen und hübschen Frontfrau kann heuer nicht mal einen Blumentopf gewinnen. Schade, aus Spanien würde man sich mehr erwarten, überhaupt auf Grund der Tatsache, dass die Spanier Grand-Prix-verrückt sind. Im vorteilhaften Kleid wird sie ebenfalls ganz hoch auf den letzten Platz gehandelt.
BELGIEN: Es ist einfach zu tragisch: Roberto Bellarosa singt nicht nur von „Love Kills“, er hat tatsächlich zur Zeit ein gebrochenes Herz – das arme Kerlchen! Ein ausgesprochen heiterer Junge, der mit 18 Jahren in diesem Jahr der jüngste Teilnehmer ist. Der junge Roberto holt sich noch Begleitung auf die Bühne. Er wird die vollen drei Minuten lang von zwei jungen Damen umschwirrt, was ja bei so einer Show nicht ungewöhnlich ist. Nur dass er auf die Umgarnungen so überhaupt nicht reagiert, ist bei einem Lied über Liebe nicht ganz nachvollziehbar (vielleicht ist er sich seiner Orientierung noch nicht bewusst). Für den belgischen Beitrag gilt Folgendes: Roberto hat den 100%igen „Welpenbonus“ in diesem Jahr und kommt mit seiner tollen Melodie und mittelmäßigen Gesangsleistung sehr sehr gut an.
ESTLAND: Gänsehautfeeling pur, vor allem, wenn man sich vor Ort in der Halle befindet. Die Inszenierung des in estnisch gesungenen Beitrages erinnert an das Märchen „Schneewitchen“. Haare, so schwarz wie Ebenholz, blutrote Lippen und ein Kleid, dass an Unschuld und Volumen kaum zu übertreffen ist und in dem man sich keine Sorgen um seine Figur zu machen braucht, zeichnet die Performance der estnischen Sängerin Birgit Öigemeel aus. Einer der schönsten Balladen des diesjährigen ESCs. We love it!!!
WEISSRUSSLAND: Weißrusslands ‚Solayoh‘ macht seinem Image eines konventionellen Sommerschlagers alle Ehre. Ganz der Tradition Weißrusslands und seines Regimes folgend wurde zwar eine Vorentscheidung ausgetragen, die auch tatsächlich von Alyona Lanskaya gewonnen wurde, ihr Beitrag „Rhythm of Love“ wurde kurzerhand und rechtzeitig vor der Frist der EBU aus dem Verkehr gezogen. So wird Weißrussland mit dem Latino-Dance-Titel vertreten sein. Eröffnet wird die Show damit, dass Alyona aus einer silbernen Kugel – an ein Weltraumobjekt erinnernd – entsteigt. Übrigens ist es der erste südafrikanischer Backgroundsänger, der den Beitrag aus Belarus stimmlich unterstützt. Er meint, dass die Eurovision auch in Südafrika immer mehr Fans gewinnt.
MALTA: Gianluca, ein überaus charmanter, kleiner Malteser, vertritt den Inselstaat. Die Nummer an sich ist sicher hitparadentauglich, jedoch in seiner Aufmachung viel zu einfach, um gegen die anderen Liveacts anzukommen. Sommer, Sonne, Strand und Meer – genau das Feeling kommt auf, allerdings etwas seicht und unscheinbar, auch wenn man sich am Ende auf eine Bank platziert und Heiterkeit ausstrahlen will. Gianluca, ein waschechter Doktor der Medizin, war sicherlich einer der Überraschungen des heurigen Jahres und ob sein Dauergrinsen ihm eine vordere Platzierung einbringt ist in Frage zu stellen.
RUSSLAND: Russland greift mit seiner Sängerin Dina Garipova ganz tief in die Eurovisionskiste. Die Ballade, ganz im Grand Prix-Manier gehalten (Bridge, Halbtonschritt am Ende, usw. …), erinnert einige hier an die ebenfalls in Malmö siegreiche Komposition „Why me?“ von Linda Martin aus dem Jahr 1992. Übrigens, wie zu erwarten, ist Linda Martin einer der Stargäste hier in Malmö. Einziger Nachteil, der Backgroundchor neigt etwas zur Übertreibung und übertönt Dina, deren russische Wurzeln aus rein optischer Sicht kaum zu verbergen sind (erinnert sie doch an eine noch schlanke „Babuschka“, die man ins Galagewand gesteckt hat), am Ende des Liedes. Wie bei so vielen Interpretinnen aus dem Osten, hat sie null Tau vom Englischen und weder Ahnung über die Dramaturgie ihres Liedes, noch warum sie hier in Malmö überhaupt auf der Bühne steht.
DEUTSCHLAND: Deutschland befindet sich im sehr sehr erweiterten Favoritenkreis und ist international sehr gut angekommen. Die Kostümwahl der Frontsängerin Natalie Horler ist viel, viel besser als die total missglückte Wahl im Vorentscheid, als sie sich in eine zu enge Korsage „presste“. Auch wenn man das Lied nicht mag, es muss neidlos anerkannt werden, dass die Deutschen wieder gute Arbeit abliefern. Es ist nur zu hoffen, dass Natalie nicht wirklich von der Showtreppe fällt, sie scheint auf ihren High Heels nicht ganz sicher zu stehen und braucht etwas Nachhilfe. Tipp: Platz 10 bis 15.
ARMENIEN: Dorians, der Vertreter Armeniens zählt nicht zu den beliebtesten Vertretern innerhalb seines Landes. Schon als er bestimmt wurde, die armenische Flagge zu vertreten, kam es zu leichten Unruhen. Als dann noch die überaus langweilige Softpopnummer “Lonely Planet” gewählt wurde, hatte er endgültig alle Sympathien im eigenen Land verloren. Und auch in Malmö lauft diese Lied unter “ferner liefen”. Showfaktor gleich Null. Damit ist Armenien DIE Sensation im Finale, niemand hatte damit gerechnet.
NIEDERLANDE: Die in Holland seit Jahren erfolgreiche Sängerin Anouk hat es endlich geschafft. Sie dieses Jahr mit ihrer schwermütigen, ja fast depressiven Nummer die Hoffnung der Niederlande, endlich ins Finale einzuziehen. Das letzte mal gelang es den Niederlanden 2004, sich für das Finale zu qualifizieren. Dies tat aber der Pro-Eurovision Stimmung in diesem Land in all den Jahren keinen Abbruch. Anouk verlässt sich auf ihre einzigartige Komposition und auf ihr unverwechselbares Timbre und setzt nicht auf billige Effekthascherei. Die Nummer ist einer der schwierigst einzuschätzenden Beiträge des Song Contests in Malmö. Alles ist möglich, aber nix ist fix… Das sie nur von einem Backgroundchor dezent unterstützt wird, trägt zum absolut gelungenem Auftritt bei. Für viele eine der interessantesten Nummern des Jahres. Topplatzierung möglich!
RUMÄNIEN: Rumänien, das Land weiß einfach, wie man aus Nichts etwas machen kann. ‚It´s my life‘ von Cezar wurde im Vorfeld mehr belächelt, als ernst genommen und tatsächlich ist der klassisch ausgebildete Countertenor aus Rumänien sicherlich etwas Fehl am Platz. Jedoch: kaum ein Beitrag wird derart toll in Szene gesetzt. Insgesamt macht der Vortrag seinem Land alle Ehre, erinnert er doch sehr an den berühmt berüchtigten Dracula aus Transylvanien. Seht selbst, ihr werdet wissen, was gemeint ist. Mit Hebebühne, schwarzen Paillettenanzug, blutrot-eingefärbten Tänzern und roten Seidentüchern wird Rumänien sicherlich nicht – wie im Vorfeld prognostiziert – am Ende des Klassements liegen.
ENGLAND: Bonnie Tyler, sicher einer der arriviertesten KünstlerInnen des heurigen Jahrgangs („It s a heartache“), besticht durch Bühnenpräsenz und sie ist – noch immer – sehr gut bei Stimme. … und Bonnie verlässt sich auch darauf, Bühnenshow gibt es fast keine. Der englische Beitrag wird von vielen als sehr unterschiedlich bewertet. Manche glauben an ein Spitzenresultat, manche sind überzeugt, dass es ein böses Ende nehmen könnte (siehe Engelbert letztes Jahr). Wir werden sehen. Nur eines gleich vorweg: Bonnie, mit all ihrer Erfahrung als wahres ‚Zirkuspferd‘, lieferte die nervöseste Performance des Abends ab. Vor allem die erste halbe Minute war sie absolut nicht stimmsicher. Das hat sehr verwundert.
SCHWEDEN: Schweden ist nicht im engsten Favoritenkreis zu finden, ABER es wäre durchaus denkbar hier eine positive Überraschung zu erleben. Ähnlich wie die Frontfrau Cascadas scheint auch Robin Stjernberg seit dem Melodifestivalen abgenommen zu haben. In weißen Anzügen und mit perfekter stimmlicher Leistung (die Nummer ist extrem schwer zu singen) sind die Schweden wieder mit einer würdigen Nachfolgenummer vertreten. Man kann gespannt sein, wo man am Ende landen wird.
UNGARN: Wie schön, dass Ungarn wieder mit dabei ist. Ungarn unterbietet den Showgehalt des armenischen Beitrages zwar um Längen. In grauer Mütze steht Bye Alex auf der Bühne und gibt sein “Gäldwäsche” (oder ist es “Bättwäsche”) zum Besten. Eines ist aber zu sagen – und das unterscheidet ihn von den Armeniern – die Nummer ist bei vielen sehr sehr beliebt. Niemand weiß warum, aber die Nummer hat etwas…. Wir hoffen, dass sie nicht Letzte werden.
DÄNEMARK: Emmelie de Forest, diesen Namen wird man sich wohl merken müssen. Nicht nur, dass Dänemark von Beginn an die Buchmacher-Hitlisten anführte, die Nachbarn Schwedens haben sich wirklich ins Zeug gelegt. Die in Orange und Gold gehaltene Bühne, eine Sängerin, die in ihrem schlichten weißen und vor allem kurzen Kleid an die Unschuld eines Kindes erinnert, stimmlich eine leichte Kopie der Vorjahressiegerin Loreen abliefert, von Trommlern und Flötisten unterstützt und am Ende von „Goldglitterregen“ und Pyrotechnik genial in Szene gesetzt, scheint auf Sieg programmiert zu sein. Was auffällt ist, dass in Eurovisionskreisen vor allem das Intro des Flötisten nach mehrmaligen Hören des dänischen Beitrages für genervte Stimmung sorgt. Dies wird aber dem erfolgreichen Abschneiden Dänemarks nicht schaden. Originellerweise wurden bei der dänischen Pressekonferenz Emmelie de Forest-Flöten verteilt, die sogleich von den anwesenden Journalisten verwendet wurden und ebenfalls für leichten Unmut sorgten. Noch nie hat man schrägere Töne im Pressecenter gehört. Fazit: man sollte nicht mit der Flöte spielen, wenn mans nicht kann und Dänemark wird wohl die Eurovision gewinnen.
ISLAND: Der blonde Hüne aus Island ist für viele ESC-Fans unter den persönlichen Favoriten. Die schöne Ballade, ganz in isländisch gesungen, ist in seiner Performance ebenfalls sehr reduziert gehalten. In schlichtem, aber passenden Blau wird Eypör Ingi in Szene gesetzt. Es ist sehr interessant, dass gleich alle nordischen Länder im ESC-Finale vertreten sind. Eine der schönsten Balladen.
ASERBAIDSCHAN: Farid Mammadov hat sich in den engeren Favoritenkreis gesungen. Sicherlich ist das nicht auf seinen Beitrag und schon gar nicht auf seine stimmlichen Leistungen zurückzuführen. Aserbaidschan zeigt uns, wie man aus einer mittelprächtigen Nummer einen Mitfavoriten machen kann. Farid steht auf einer Glasbox – in dieser befindet sich sein Spiegelbild in Form eines Tänzers, ja man könnte fast sagen eines Akrobaten, der exakt die gegensätzliche Seite eines Spiegelbildes erzeugt. Insgesamt mutet der Beitrag homoerotisch an, denn kaum ein Beitrag enthielt jemals eine ähnlich intensive Annäherung zwischen zwei Männern auf der Eurovisionsbühne. Der Head of Delegation meinte auf die Frage, warum man homoerotische Elemente in die Choreographie eingebaut hat, dass dieses Lied für alle sei – und zwar wird die Liebesromanze der beiden Männer durch eine Tänzerin im roten, meterlangen Schleppkleid unterbrochen und mündet in einen “Dreier”…. Es wird nicht die einzige gleichgeschlechtliche Handlung des abends zwischen zwei Männern bleiben.
GRIECHENLAND: “Alcohol is free”, das ist die Devise der griechischen Gruppe Koza Mostra mit Agathonas Iakovidis… Und damit sprechen sie uns aus der Seele. Nicht außer Acht lassen, sollte man die Tatsache, dass es sich bei den Musikern, auch wenn sie nicht live auf der Eurovisions Bühne musizieren dürfen, um professionelle Künstler handelt, die es verstehen, mit ihren Instrumenten die Hallen zu füllen. Die Nummer strahlt nur so von Dynamik und Optimismus, im Falle Griechenlands wohl Zweckoptimismus. Anfangs als Mitfavorit auf den Sieg gesetzt, wird die Gruppe wohl unter den Top 10 im Endklassement des Song Contests landen.
UKRAINE: Gleich eines vorweg: die Ukraine ist schon wieder unter den Favoriten auf den Gesamtsieg. Zlata Ognevich ist wahrscheinlich die stimmgewaltigste weibliche Teilnehmerin der heurigen Eurovision. Fraglich bleibt aber der Auftritt eines in Amerika lebenden 2,40m-Riesen mit ukrainischen Wurzeln, der die zierliche Zlata am Beginn auf Händen auf die Bühne trägt und sie auf einen zentral stehenden Felsen absetzt. Das ist es aber auch schon, der Riese tritt schweren Schrittes von der Bühne ab und überlässt der Stimmkünstlerin die Bühne. Insgesamt erinnert das Schauspiel am Anfang an ein Kuriositätenkabinett und von vielen wird das Kalkül des ukrainischen Fernsehens, damit möglichst viel internationale Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, kritisch gesehen. Aber es war eine der bestbesuchtesten Pressekonferenzen im heurigen Jahr. Ukraine wird für heute für Platz 2 gehandelt. Fazit: King Kong lässt grüßen….
ITALIEN: Eine Eros Ramazzotti-Nummer par excellence. Marco Mengoni, sicher einer der attraktivsten Sänger des Jahres, drückt mit seiner Herzschmerzballade „L´essenziale“, dem San Remo Sieger 2013 kräftig auf die Tränendrüse und singt sich in den erweiterten Favoritenkreis. Es ist nur zu hoffen, dass im Falle, dass er nicht gewinnt, Italien für die nächsten Jahre nicht wieder beleidigt aus der Eurovision aussteigt. Marco steht ganz allein auf der Bühne. Das hat man heuer nur noch beim zypriotischen Beitrag gesehen. Hut ab vor so viel Mut. Könnte ein Top Ten Platz werden.
NORWEGEN: Skandinavien ist heuer insgesamt wieder sehr stark. Alle Beiträge könnten es ins Finale schaffen und Norwegen wird aktuell auf Platz 3 der Sieganwärter für Samstag gelistet. Die Performance erinnert sehr stark an Margaret Bergers Performance im Melodi Grand Prix, keine Variation zur Vorentscheidung. Es gibt kaum Überraschungen, aber die Nummer ist sicherlich DIE zeitgemäßeste im Jahr 2013 und hat sicherlich Hitparadentauglichkeit. Insofern wird es sicherlich keine schlechte Platzierung für Norwegen geben, und man hat wieder ein professionelles Händchen bei der Auswahl des norwegischen Beitrages bewiesen.
GEORGIEN: Das charmanteste Duett liefert in diesem Jahr Nodi Tatishvili & Sophie Gelovani aus Georgien. Die für viele hochgehandelte Ballade wird stimmig, aber nicht unbedingt zwingend für den Sieg umgesetzt. Mit Nebel und Rauchsäulen wird Georgien als sicherer Kandidat für den Finaleinzug gehandelt. Die Tatsache, dass zwei attraktive Menschen den Beitrag bestreiten, ist diesem Unterfangen sicherlich dienlich.
IRLAND: Nach 2 Jahren der „Jedward-Manie“ voller Hysterie um die durchgeknallten irischen Zwillinge, die uns in Düsseldorf und Baku Tag und Nacht in Atem hielten, kehrte in diesem Jahr wieder ein wenig Ruhe und Normalität in Irlands Eurovision Aktivitäten zurück. Das Bühnenbild erstrahlt abwechselnd in rot und blau. Den Beginn machen zwei Trommler auf der Nebenbühne, bevor man zur Hauptbühne wechselt. Dort stehen links 2 Chorsängerinnen, rechts steht die große Trommelanlage die fleißig ‚gehauen‘ wird, und im Hintergrund tanzen die beiden anderen fernsehtauglichen und mystisch bemalten Oberkörper vom Anfang an. Ryan Dolan, der irische Vertreter, steht einfach in der Bühnenmitte und singt mit kräftiger Stimme und weitausladenden Armbewegungen. Pyrothechnik beendet das Ganze. Falls das Lied nicht gefällt, dann soll man eben Typen schauen.
INTRO
Und nun zum Intro der Show. Die Eurovision wird heute – ähnlich den olympischen Spielen – mit einem Einlauf der Nationen starten. Jeder Interpret wird zusammen mit einem Fahnenträger die Brücke zur Hauptbühne beschreiten. Das Ganze ist eine sehr ergreifende Angelegenheit und seit 1983 sind alle Interpreten der Eurovision wieder auf einer Bühne vorab vereint. Sehr schön und feierlich.
INTERVALL-ACT
Und nun zum Intervall-Act. Schweden zeigt im Musical-stil alle Stereotypen auf, die es zu bieten hat. So findet man schöne Blondinen, Pippi Langstrumpf, Rentiere, gleichgeschlechtliche Liebespaare, … auf der Bühne wieder. Somit wäre auch der zweite gleichgeschlechtliche Kuss des Abends geklärt. Sowas geht in Baku halt nicht. Dieser Act wird ebenfalls – eine Parallele zu 1983 mit Marlene Charell – wird von der Moderatorin des Abends bestritten, die auch ihr gesangliches Talent unter Beweis stellt und die Homo-Ehe selbst vollzieht.
Und nun zu CAROLA, der Siegerin 1991. Ihr Auftritt ist genau 20 Sekunden lang, aber einer der tollsten des Abends. Der schwedische Sturmwind wird von ihr ganz bildlich genommen. Sie performed ihren Siegerbeitrag aus 1991 wird aber sprichwörtlich von der Bühne geblasen. Wir finden den Hang zur Selbstironie toll, und auch sie hat dabei recht viel Spass gehabt.
Loreen singt ein ein Lied aus ihrer neuen Produktion und beendet ihren Beitrag mit „Euphoria“. Nur hat sich folgender Vorfall ereignet: eigentlich hätte Loreen von „Spinnenmännern“ nach oben gezogen werden sollen, dieses missglückte aber, und sie erlitt einen Absturz aus eineinhalb Meter Höhe, aber es ist ihr nichts passiert. Vielleicht streicht man die Aktion einfach aus Sicherheit. Es sah wirklich gefährlich aus.
Des Weiteren wird gemunkelt, dass Teile der Gruppe ABBA heute live vor Ort sein werden, schauen wir mal. Es würde doch passen, wenn man „The winner takes it all“ hören könnte. Nicht?
Einen spannenden Abend wünschen wir aus Malmö und hier noch unser Tipp:
- Dänemark
- Ukraine
- Aserbaidschan
- Norwegen
- Russland
- Georgien
- Griechenland
- Finnland
- Schweden
- Niederlande